Groupthink kills…
… oder warum Expertenorganisationen mit ihren Entscheidungen überproportional oft in der Schweinebucht landen
Karin Medved
Die Invasion in der Schweinebucht 1961, war ein von den USA bzw. der CIA organisierter militärischer Angriff kubanischer Exilanten auf Kuba und hatte den Sturz der Revolutionsregierung unter Fidel Castro zum Ziel. Wie wir aus der Geschichte wissen, scheiterte die Invasion und führte zu einem militärischen und politischen Debakel. Irving Janis, US amerikanischer Sozial- und Forschungspsychologe, wählte u.a. diese Entscheidung als Paradebeispiel für das Phänomen „Groupthink“, eine Theorie, die erklärt, wie es dazu kommen kann, dass eine Gruppe von an sich kompetenten und intelligenten Menschen derart desaströse Entscheidungen trifft.
Warum sind Expertenorganisationen besonders anfällig für dieses Phänomen?
Ursache dafür sind Struktur und Wesen von Expertenorganisationen. Ein Großteil der Expertenorganisationen wird von eben diesen ExpertInnen selber geführt. Das bedingt zwangsläufig einen sehr hohen Gruppenzusammenhalt – Wir – die ExpertInnen entscheiden und lenken das Unternehmen. Das führt wieder zu einer Isolierung der Gruppe, insbesondere von unterschiedlichen Perspektiven und Meinungen. Der nächste, „Groupthink“ fördernde Faktor ist die Homogenität der Gruppe, ExpertInnen in ihrer Profession, mit ähnlicher Ausbildung, Erfahrungshintergrund und Tätigkeit, was mitunter zu Selbstüberschätzung führt,. Häufig fehlt auch eine konstruktive Diskussionskultur, die Alternativen zulässt. So, in ihrer Homogenität, von keinem Zweifel berührt, ist diese Gruppe überzeugt, gute Lösungen zu finden. Somit beste Voraussetzungen dafür blind in die Groupthink-Falle zu tappen.
Was sind die negativen Kosequenzen von Groupthink?
Externe ExpertInnen werden nicht hinzugezogen und anstatt relevanten Informationen werden lieber, wenn überhaupt, „passende“ Informationen als Entscheidungsgrundlage gesucht. Einmal getroffene Entscheidungen werden nicht mehr hinterfragt, anders Denkende als illoyal oder aufrührerisch empfunden und möglicherweise sogar ausgegrenzt. So entsteht eine Illusion der Einstimmigkeit und das trügerische Gefühl gute Entscheidungen getroffen zu haben. Fragt man „Insider“ aus z.B. Marketing, HR oder Finanzen in Expertenorganisationen, zu Qualität und Rationalität von Entscheidungen des Führungsgremiums, hört man oft „das darf doch nicht wahr sein“ oder „warum habt ihr mich nicht gefragt…“.
Wie gut könnten sie sein, wenn….
Bewusstsein über dieses Phänomen herrschen würde, die Ressourcen der eigenen Organisation aktiv genutzt werden würden und eine kontroversielle Auseinandersetzung mit dem eigenen Unternehmen zugelassen werden würde? Gemischte Teams und Wertschätzung von anderen Meinungen sowie strukturierte Entscheidungsfindungsprozesse wären eine gute Grundlage. Vertrauensvoller Umgang mit Mitgliedern der Organisation Voraussetzung und die bewusste und gewollte Entwicklung von Soft Skills und Kommunikationsfertigkeiten essentiell.
Robert S Baron stellte fest, dass Groupthink durchaus ein Alltagsphänomen ist und wesentlich häufiger vorkommt als bisher angenommen. Aber, es ist auch, bei bewusster Auseinandersetzung mit Gruppenprozessen, ein beherrschbares Phänomen. Um diesen ersten Schritt zu tun, bzw. in diese Falle erst gar nicht hineinzutappen, ist es sinnvoll, immer wieder externe BeraterInnen beizuziehen und das eigene Unternehmen, die gelebten Strukturen zu hinterfragen und ohne „Betriebsblindheit“ durchleuchten zu lassen. Letztendlich sind schlechte Entscheidungen zwar immer noch besser als gar keine, jedenfalls aber teurer als ein reflektiertes Beratungsgespräch mit Außenstehenden.
Dr. Karin Medved
www.karinmedved.at